Buchkritik Zur Startseite

Chuck Hogan

Hornissennest

(dtv)

Videotheken scheinen die rechten Startrampen für eine Karriere zu sein. Quentin Tarantino gelang von dort aus der Sprung in die erste Reihe der Kult-Regisseure und bei Chuck Hogan könnte sich eine ähnliche Entwicklung abzeichnen. Bis zur Annahme seines Manuskripts "The Standoff" hat er auch seine Brötchen mit dem Verleih von Schmuddelfilmen verdient.

The Standoff, deutscher Titel "Hornissennest" ist die Geschichte einer Belagerung in Montana, der Hochburg der Militia, Survivalists, Verschwörungsparanoiker, Separatisten und Waffennarren, kurz, allderjeniger, die sich von der niggerfreundlichen jüdisch durchsetzten linken Regierung im fernen Washington lossagen wollen.

Einer dieser gottesfürchtigen Separatisten ist Glen Ables, der sich einem Räumungsbefehl widersetzt und sich mit seiner Familie in einer Berghütte verschanzt.. Er ist als Vietnam-Veteran erfahren im Umgang mit Waffen, bis an die Zähne bewaffnet und hält seine Familie und einige Verwandten als Geiseln. Die Situation droht zu eskalieren. Um dies zu verhindern werden einige Sonderkommandos angefordert. Die Leitung dieser Operation übernimmt das FBI, genauer, John Banish, der durch einen uneinsichtigen Computer für diese Mission ausgewählt wurde. Uneinsichtig deswegen, weil Banish eigentlich seit zwei Jahren nicht mehr im aktiven Dienst ist. Nach einem Einsatz, bei der zwei Geiseln ums Leben kamen, war Banishs Psyche soweit angeschlagen, daß er längere Zeit in einem der verdeckten FBI-Sanatorien verbringen mußte. Anschließend wurde er in eine Außenstelle versetzt, wo er abgeschieden von der Welt und ihren kriminellen Machenschaften die Zeit bis zur Pensionierung absitzen sollte. Doch darüber hatte der Computer keine Informationen. Für ihn war Banish immer noch der beste Negotiator des FBI bei Geiselnahmen.

So stehen sie sich gegenüber: Banish, der labile FBI-Agent mit einem Troß aus ortsansässiger Polizei, Marshalls, Sonderkommandos am Fuß des Berges und der Fanatiker Ables mit seinen Geiseln in seiner Hütte auf dem Gipfel. Er kann nicht hinunter, Banish nicht hinauf, wenn er das Leben der Geiseln nicht gefährden will. Und das letzte was er will ist nochmals Geiseln zu verlieren. Ein Katz-und-Maus-Spiel nimmt seinen Lauf, das dadurch nicht einfacher wird, daß sich eine Meute protestierender Separatisten einfindet und auch die sensationsgeile Presse.

Ähnlich wie Tarantino hat Hogan seine Fähigkeiten autodidaktisch entwickelt. Hält man sich auch noch vor Augen, daß es mit dem Lektorat in der amerikanischen Verlagszene nicht weit her ist, daß eigentlich kein Lektorat stattfindet, dann kann man vor Hogan nur den Hut ziehen. Seine Charaktere sind psychologisch komplex gezeichnet, sie haben ihr Outfit, ihre Geschichte, ihre Macken und Marotten. Wo andere Autoren gerne psychologisieren, um ihren Figuren einen Charakter zu geben, läßt Hogan sie in dieser verfahrenen Situation handeln. Man kann sie von der ersten Seite an vor dem inneren Auge sehen, wie sie versuchen, die Lage auf dem Berg in den Griff zu bekommen. Die Situation ist spannungsgeladen vom ersten Augenblick an und diese Spannung klingt erst mit der letzten Zeile ab, ohne daß dazwischen Zeilen geschunden werden, um auf eine Seitenzahl zu kommen, die ein Thriller heute haben muß, um buchhandelskompatibel zu sein.

(th)

Chuck Hogan
HORNISSENNEST
dtv 16,90 DM
ISBN 3-423-20083-9

© der Coverabbildung bei dtv

Cover Hornissen