CD-Kritik Zur Startseite

John Hiatt & The Goners

Beneath This Gruff Exterior

(Sanctuary) [6-2003]

Manchmal bin ich mir nicht sicher, wie Ernst John Hiatt seine eigenen Platten nimmt. Da zerschlägt er schon mal breit grinsend alle Erwartungshaltungen, aber ein wirklich schlechtes Album kommt selten dabei heraus. "Beneath This Gruff Exterior" hat er mit den reanimierten Goners eingeklopft, zwar nicht ganz so eilig wie "Crossing Muddy Waters", aber letztendlich hat es dann doch nur ein paar Tage gedauert, bis das neue Werk im Kasten war.

Die zwölf neuen Songs klingen knorziger und ursprünglicher als "The Tiki Bar Is Open", versprühen aber auch wieder den großen Hiatt-Charme, wenn er ganz locker eine Übernummer wie "My Dog & Me" aus dem Ärmel schüttelt. Vielleicht ist es genau das, warum man diesen Mann so kultisch verehren muss – er ist definitiv einer der besten, lebenden Songwriter, aber der fast schon satirische Umgang mit dem eigenen Schaffen lässt ihn immer wieder wirken wie ein Schelm.

(dmm)


John Hiatt

The Tiki Bar Is Open

(Sanctuary) [9-2001]

Wem noch das letztjährige Meisterwerk "Crossing Muddy Waters" im Ohr klingt, der sollte jetzt wieder auf "elektrisch" umschalten. John Hiatt hat wieder seine Begleitband The Goners reanimiert, mit der er das letzte Mal 1988 "Slow Turning" auf Platte gebracht hat. Obwohl überraschend rockig, knüpft "The Tiki Bar Is Open" doch an die akustischen Klänge des Vorgängers an. Direkt, spontan, unverkrampft - es sind die gleichen Attribute, mit denen man beide Platten beschreiben kann. Und nach einer kurzen "Einhörphase" hat man sich auch daran gewöhnt, dass die Folk- und Countryeinflüsse diesmal gering sind. Statt dessen wunderbar straighte Rocker wie "Everybody Went Low" oder "All The Lilacs In Ohio" und natürlich Zuckerballaden wie "Something Broken". Supercool ist der Titelsong. Auch wenn John Hiatt (ganz amerikanisch) in der Bridge betont, dass er seit 17 Jahren trocken ist, hat es ihn nicht davon abgehalten eine grölige Hommage an die besagte Bar zu schreiben. Bleibt nur zu hoffen, dass sich John Hiatt hierzulande auch live die Ehre gibt, ansonsten sehen wir uns in der Tiki Bar - auf'n Kaba!

(dmm)

 

John Hiatt

Crossing Muddy Waters

(Sanctuary / edel) [1-2003]

Gleich zu Beginn verschreckt John Hiatt bei "Lincoln Town" die Zuhörer erstmal mit einer knödeligen Stimme, an der schon echte Fans schwer zu schlucken haben. Aber was danach kommt, gehört zu dem Besten, was der amerikanische Songwriter in den letzten Jahren veröffentlicht hat. Back to the roots - purer Folk, Country und Blues - außer Fußstampfen ohne Drums eingespielt. Mit Davey Faragher und David Immerglück dominieren die akustischen Gitarren und vermitteln ein erdiges Feeling. In drei Tagen (!) waren alle zehn Titel eingespielt. Der Name John Hiatt sollte endlich im Sprachgebrauch als Synonym für "geniales Songwriting" eingehen. Der Titelsong oder "Before I Go" sind so intensiv, so perfekt, dass man sich permanent fragt, warum dieser Mann immer noch so ein Schattendasein fristet. Befürchtungen, dass die neuen Songs nach Country-Seligkeit klingen, können direkt ad acta gelegt werden. Dass John Hiatt einer der meist gecoverten Songwriter ist, kommt nicht von ungefähr. Aber mit "Crossing Muddy Waters" übertrifft er sich selbst. Spontan, direkt und wunderbar lebendig.

(dmm)