CD-Kritik Zur Startseite

The Tragically Hip


Phantom Power


(Universal) [8-98]
In letzter Zeit verleihe ich gerne Auszeichnungen: hierfür gibt´s zumindest ein silbernes Sportabzeichen. Spröder Schrammel-Rock mit klagender Eddie-Ich-trag-das-ganze-Leid-der-Welt-auf-meinen-Schultern-Vedder-Stimme. Ein bißchen versponnen, ein bißchen versunken: eine CD für kontemplative Stunden, wenn die Tanke zu hat, der Fluppenautomat klemmt oder die Nudeln verkocht sind.

Tragically Hip kommen aus Kanada, das ja bekanntlich so heißt, weil kaana da ist (ich weiß, der war nicht so gut) - aber irgendwoher muß doch die - zugegeben - wohltuende Unaufgeregtheit des Quintetts kommen. Speedmäßig bewegen sich ihre Songs in mittlerem Fahrwasser, und die mäßige Brachialität läßt sie z.T. britischem Gitarrenpop näher stehen als amerikanischem Grunge. Mir fehlen allerdings vor allem eingängige Melodien (ich geb´s zu), originelle Einfälle und generell mehr Pfiff. Vor allem die erste Hälfte des Albums (bis einschließlich Take 6) kann man glatt vergessen: solide, aber nicht sonderlich originelle Handarbeit ohne Schmackes.

Richtig Zug entwickelt die Band erst etwa mit "Fireworks" und "Vapour Trails", wenn sie stärker aufs Gas tritt und etwas Schärfe in nun dankenswerterweise straffer geführte Songs bringt. Auch die Ballade "The Rules" steht den Fünfen besser zu Gesicht als die gepflegte Mittelmäßigkeit des Gros´ ihrer Stücke: hier entwickeln sie sogar eine countryeske, poetische Ader. "Chagrin Falls" erhebt die verschrobene Seite der Tragically Hip vollends zur Tugend und schafft damit einen Song mit Ecken und Kanten, der sich auch endlich mehr im Ohr festhakt. Jetzt zeigen die "Hippers" (wie sie sicherlich von eingefleischten Fans genannt werden) auch, daß sie durchaus mit Rhythmen kreativ umgehen können.

Aber ich bleib dabei: im Zweifelsfall eher tragisch als hip.

(Katja Preissner)

Cover Phantom Power

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