Die Pfauenfeder

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7. Dezember, ein Donnerstag

„Das haben wir gerne! Einem Hund, der im früheren Leben Friedrich Schiller geduzt hat, einfach so auf den Schwanz treten!“ - „Ein klarer Fall für den Tierschutzverein!“ - „Unsere Jungautoren meinen wohl, sie könnten die Klassiker einfach so wegtreten!“ -

Die Stimmung ist mies und gegen mich. Gestern waren wir noch damit beschäftigt, uns von den leichten Gehirnerschütterungen und schweren Bewußtseinstrübungen zu erholen, die das Ziehen der Notbremse durch den unseligen Dobrowski und die daraus resultierende Vollbremsung des Zuges erwirkt hatten, als wir alle durcheinanderfielen, uns die Köpfe an harten Gegenständen schrammten und, leider, leider hier und da auch einem räudigen Köter auf den Schwanz traten. - Was bei diesem nicht ohne bedauerliche Wirkung geblieben ist. Hutschenreuther kann mit seinem Kalbsknochen so lang und raffiniert vor „Rottengoethes“ Schnauze wedeln wie er will - Goethe bleibt stumm, und nur das Hündische in ihm (oder besser: um ihn herum) meldet sich mit Tönen des Jammers.

„Der hat einen Schock fürs Leben!“ diagnostizieren die Punkmädels und schauen mich vorwurfsvoll an. „Aber ich kann doch nichts dafür! Hätte dieser Dobrowski nicht...“ - „Ach was!“ fällt mir Hutschenreuther brutal ins Wort, „lassen Sie den selten dämlichen Dobrowski aus dem Spiel! Hier geht es um Höheres, Schwerwiegenderes! Ich glaube nämlich nicht an Zufälle! Sie wollten Rottengoethe zum Schweigen bringen und haben die günstige Gelegenheit genutzt! Jetzt schweigt das Tier! Vielleicht steckt Goethe gar nicht mehr in ihm, sondern hat sich einen anderen Leib gesucht! Eine Katze! Einen Regenwurm! Einen Fußballbundesligaspieler!“

Man verdächtigt mich also. „So ist es!“ wenden sich nun auch Sylvia und Elfriede gegen mich. „Wer sonst hätte ein Motiv?“ „Wir sollten ihn in Handschellen legen und der nächsten Polizeistreife übergeben!“ schlägt Haberkorn, gar nicht christlich, vor. Ich stehe empört auf.

„Hören Sie zu! Das ist doch Affentheater! Vergessen Sie bitte nicht, daß ICH der Autor bin und SIE nichts weiter als meine Geschöpfe! Miserable Kopfgeburten! Virtuelle Existenzen! Ich bräuchte nur SO zu machen...“ Ich demonstriere es und mache SO -. „und nichts, nichts, nichts wäre von Ihnen übrig! Da müht man sich jeden Tag ab, sich etwas CONTENT aus der Rübe zu schreiben! Dabei hätte man wahrlich besseres zu tun! Die Blumen gießen, ein gutes Buch lesen! Aber nein! Man setzt sich knurrend an den Rechner und hackt zum Vergnügen der Leserschaft irgendwelchen Mist auf die Festplatte! Man schöpft! Man gebiert neues Leben! Und was tun diese undankbaren Kreaturen? Sie fallen einem in den Rücken! Na, wartet! Am 24. werde ich euch gnadenlos dem Orkus des Vergessens, der Hölle der ewigen Verdammnis überantworten!“

Meine glänzende Rede verfehlt ihre Wirkung nicht. „War doch nicht so gemeint!“ stammelt Hutschenreuther, und auch die anderen aus der undankbaren Bande wiegeln ab. „Was ist schon so ein Hund? Der überdies noch nicht einmal den Nobelpreis bekommen hat!“ argumentieren die Damen Sylvia und Elfriede, selbst Dobrowski nickt schmerzverzerrten Gesichts (seine neuen Schuhe haben hübsche Blasen an seine Füße gezaubert).

Plötzlich springt Hutschenreuther auf! „Mensch! Mir ist gerade etwas aufgefallen! Eine Riesensensation! Wie Sie alle wissen, hat nun auch Boris Becker seine Barbara verlassen und ist damit der dritte Ehemann im Bunde, der in den letzten Wochen unangenehm aufgefallen ist. Nach Roberto Blanco und Franz Beckenbauer. Was haben diese drei Männer gemein?“

Wir überlegen, finden aber keine Antwort. „Na!“ triumphiert Hutschenreuther, „überlegen Sie doch mal! Blanco - Beckenbauer - Becker! Aller drei Nachnamen beginnt mit einem B!“ - „Klar! Klasse! Unglaublich! Mysteriös!“ schreien wir durcheinander. „Eben!“ bestätigt Hutschenreuther. „Und was folgern wir daraus? Ganz einfach! Wir fragen uns: Wer wird bald der vierte im Bunde sein?“ „Böll?“ „Berti?“ „Johannes B. Kerner?“- Wir übertreffen uns gegenseitig mit Vorschlägen.

„Falsch!“ entscheidet Haberkorn. „Kein Geringerer als - der Bundeskanzler!“ Wir schauen uns schweigend an und nicken dann wissend. So wird es kommen!

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