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Sex'n'crime
Sex. Sie erinnern sich? Seit Kollege Bischnik, der mit mir auf der Stube sitzt und für die Erwerbssteuerpflichtigen A-H zuständig ist, einen Krimi schreibt, höre ich das Tag für Tag, und jedesmal verzweifelter: Sex, Sex, Sex! Wie mache ich aus meinem crime einen zünftigen SEX & crime?
Denn, unter uns, die Sache ist doch so: Heute liest kein Mensch mehr einen normalen Krimi. Irgendwas Besonderes sollte schon drin sein. Humor, die fränkische Küche, das Wiesbadener Land, drei Seiten Sozialkritik oder wenigstens eine abgekupferte Weisheit aus „Psychologie Heute“ oder der Lebensberatungsecke der „Brigitte“. Oder Sex. Aber das ist das Schwierigste.
Nehmen wir unseren Kollegen Bischnik. Der Mann hat soviel Phantasie wie die Anlage GSE zur Einkommenssteuererklärung. Die meistbenutzte Vokabel seines Wortschatzes heißt „Grundsteuerveranlagung“, er benutzt kaum Verben, sondern substantiviert geradezu manisch: „Die Hingebung der Frau an die Schwellung des Mannes erfolgte mit einer Stöhnung, die auf Beidseitigkeit der an der Begattung Beteiligten ihre Beruhung fand.“ Na schön. Für einen simplen Krimi muss man sagen: stilistisch akzeptabel, das merkt keine Sau. Aber der Sex...
„Du“, sagte der Kollege Bischnik vor drei Tagen zu mir und sah von der Tastatur auf, in die er, wie in jeder Mittagspause seit 4 Monaten, seinen Krimi hackt: „Du – Hast du eigentlich Ahnung von Sex?“
Nun muss man wissen, dass der Kollege Bischnik seit 32 Jahren verheiratet ist, also seit wenigstens 20 Jahren garantiert sexfrei lebt. Ich hingegen bin Junggeselle und den Vergnügungen des Lebens durchaus nicht abgeneigt. Also auch Experte für Sex. Leider erzähle ich das dem neidischen Kollegen seit fünf Jahren fast jeden Tag.
„Dann kannst du mir helfen!“, rief er jetzt fast euphorisch. „Es ist nämlich das Folgende: Mein Held, ein gewisser Kriminalhauptkommissar Erwin Stöffel, ist in die Hauptverdächtige, das Fräulein Ernestine Riotte verliebt und jetzt wird es Zeit, dass die beiden...na, du weißt schon.“
„Schön“, antwortete ich stoisch. „Dann lass Sie halt in die Kiste steigen.“ Der Kollege sank in sich zusammen. „Aber wie? Ich meine – ich schreibe bloß einen Krimi, ich bin kein Literat. Aber eine SEXSZENE! Das muss doch sprachlich 1 A sein, weißt du?! Das muss doch fließen wie ein Gedicht! Da muss man Wörter benutzen, die man zuletzt in der Schule im Deutschunterricht gehört hat, als der junge Werther dran war.“
Ich tat so als dächte ich nach und schüttelte grübelnd den Kopf. „Hast du schon was geschrieben? Lies doch mal vor!“
Anfangs sträubte sich Kollege Bischnik noch etwas, doch endlich hob er an und las:
„Stöffel starrte auf den nackten Leib Ernestines, der sich ihm wie eine reife Frucht vom Himmelblau der Tagesdecke entgegenwölbte. ‚Komm’, flüsterte die Entblößte, und in ihrer Stimme vereinigten sich Lust, Abscheu und das Archaische eines bislang unterdrückten Nachkommenswunsches. Stöffel entledigte sich seiner Beinkleider und griff, nach einer Sekunde sittlicher Verzögerung, in das gespannte Feinripp seiner Unterhose. Es konnte beginnen. Wie ein himmlischer Gedanke in den Kopf eines Engels, so fuhr das Werkzeug des Mannes in die...“
„Ja“, unterbrach Bischnik, „und weiter bin ich noch nicht. Wie findest du das?“
„Hm – fast kaum Substantivierungen. Das ist schon mal gut. Aber...“
Kollege Bischnik stöhnte auf. „Gelt, du merkst es auch! Das ist nichts, gar nichts! Das ist...irgendwie anders, als unsereiner den Sex in Erinnerung hat. Aber es ist doch ein Krimi, Mensch! Da muss ich doch in die Vollen steigen!“
„Dann tus doch“, gab ich lapidar zur Antwort. „Ein Krimi, genau. Aber was für einer? Häkelkrimi oder hardboiled?“
Kollege Bischnik überlegte. „Keine Ahnung. Ich meine...es muss halt gut klingen. Nach mehr, verstehst du? So, als könnte ich wirklich schreiben. Das ist ja das Tückische an diesen Krimis. Jeder kann einen schreiben, aber beim Sex, da soll man plötzlich den Dichter raushängen lassen.“
Ich schloß die Augen und ließ ein paar Sekunden verstreichen. Dann öffnete ich die Augen und sagte langsam: „Pass mal auf. Nehmen wir an, du schreibst einen hardboiled. Da müsste, wie der Name schon sagt, alles ziemlich hart und ausgekocht sein. Etwa so.“ Und ich begann aus dem Stehgreif:
„Er griff mit der Linken in ihre oberen Weichteile, quetschte sie wie eine Zitrone und wartete auf den Saft. Der Nippel wuchs wie eine buddhistische Pagode aus dem Fettgewebe. Mehr hatte er noch nie tun müssen, um eine Frau auf 180 zu bringen. Der Rest war Schweigen und Schwellen und Schweinigeln. Er stieß zu, sie stieß zurück. Sie kam wie ein Brief per Eilpost, er wie die Eieruhr, wenn sie auf 'weich' gestellt ist. Sie...“
„Halt, halt!“, schrie der Kollege Bischnik panisch, „doch keine Pornografie! Ich will ja die Zielgruppe für meinen Krimi möglichst groß halten! Das ist doch quasi meine private Rentenversicherung!“
Ich warf ihm einen mitleidigen Blick zu. „Ja dann. Häkelkrimi.“
„Meinetwegen“, resignierte Bischnik. „Ich glaube, das trifft die Sache eh genauer. In meinem Krimi geht es nämlich um eine finanzamtsinterne Intrige, bei der der Abteilungsleiter mit einem Briefbeschwerer erschlagen wird. Der Kommissar ermittelt, und die Riotte ist halt die Sekretärin von dem Opfer, und dann gibt es als Verdächtige noch den Finanzsekretär Struse, den Finanzoberamtsrat Meinicke, die Geschäftsfrau Sonntag...“
„Genug, genug!“ warf ich ungeduldig ein. „Das hört sich wirklich wie ein Krimi an, bei dem man locker 20 Topflappen häkeln kann. Da muss die Sexszene passgenau eingefügt werden, so dass der Leser, die Leserin gar nicht merkt, dass da kopuliert wird, aber das Gefühl hat, etwas Hocherotisches zu lesen.“
„Genau!“, bestätigte Bischnik. „Literatur eben! Nix Genaues weiß man nicht, aber man ahnt, dass da gerade was Hochinteressantes passiert.“
Ich überlegte abermals eine Weile und diktierte dann dem Kollegen Bischnik nachfolgende Sätze in die tippenden Finger:
„Stöffel beugte sich über die Schulter der Ernestine Riotte und dachte, während die flinken Finger der Dame das Hartplastik der Tastatur bearbeiteten, an seinen letzten Urlaub in den bayrischen Alpen. Er hatte dort manchen Berg erklommen, um den sich zunächst Nebel wie ein weißes Sommerkleid gelegt hatte, der dann aber, je höher er stieg, verschwunden war, bis der Zauselberg und der Kipferlberg wie eineiige Zwillinge in ihrer vollen Pracht zu seinen Füßen lagen und er endlich seinen Eispickel in eine Nische der Wand schlagen konnte. Er kletterte empor und kam ins Schwitzen. Der Berg schien ebenfalls zu schwitzen, so dass Stöffel, erschöpft und pumpend, in einer Vertiefung des Felsens rasten musste. Er biss in seine Käsestulle, und der Käse quoll zwischen den Scheiben heraus und ergoss sich über den Berg. Dann richtete sich Stöffel auf, stellte sich aufrecht hinter Fräulein Riotte hin und schnaufte. Fräulein Riotte wandte sich nach ihm um und lächelte. ‚Ist Ihnen auch so heiß, Herr Kommissar? Ich bin ganz fertig’“
„Perfekt!“, jubelte Bischnik. „Ich weiß zwar nicht, um was es eigentlich geht, aber das ist große Literatur! Das ist Sex! Gekauft!“
Ich werde ihn nicht bitten, mir ein Freiexemplar seines Krimis zu spendieren. Irgendwie ist mir das alles so peinlich.
Ihr K.
(Herr K. arbeitet als Sachbearbeiter bei der Oberfinanzdirektion Oberursel. Seine Lieblingskrimiautoren sind: alle deutschen RegionalkrimiautorInnen, weil sie die lustigsten Sexszenen schreiben)
6. März 2006
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