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Der IT-Mord

wickius.GIF

(Auch wir haben jetzt endlich unseren Serienhelden. Kommissar Wickius: erfahren, helle, vor allem aber: belesen. Er kennt die Verbrechens- und Kriminalliteratur der letzten ca. 2500 Jahre in- und auswendig, er löst jeden Fall, indem er das literarische Muster dafür sucht. Und Sie? Wissen auch Sie, welche klassischen Fälle den hier in loser Folge geschilderten Mordtaten zu Grunde liegen? Dann nichts wie ran an die Kommentarfunktion! Für alle Unbelesenen gibt es die Auflösung immer ein paar Tage nach der Veröffentlichung der Geschichte.)

Netzstrümpfe. Am Montagmorgen. Kommissar Wickius begann die Woche nur ungern mit erotischen Phantasien und schwenkte seine natürliche Kamera abrupt zur holzgetäfelten Decke. Kollege Oberschiller (Kriminalassistent, jung, ehrgeizig, sinnenfroh und schwer von Begriff) nahm die Beine der Frau Süritz zum Basislager einer kurzen Expedition in das so reizend verpackte terra incognita, wanderte über sanfte Erhebungen hoch zu den Gebirgen der Brüste, gönnte auch dem aparten Gesicht einen kleinen Abstecher, einem erstaunlich neutralen Gesicht, denn im Nebenzimmer lag Frau Süritzens Chef, Generaldirektor Kresenbronn, mit eingeschlagenem Schädel in Blut und Hirn.

„Sie haben den Toten gefunden?“ begann Wickius die Befragung.

Die Süritzen versuchte sich ohne Erfolg an einem Seufzer. „Ja – ich bin – ich war doch seine Sekretärin. Jeden Morgen um 7 brachte ich ihm die Post – er kam ja immer schon früher, spätestens um 6.“ Sie hielt inne und überlegte, ob ein zweiter Versuch zum Seufzer angebracht sei, verwarf den Gedanken aber sofort. „Und da lag er. Schrecklich.“

Wickius löste seine Augen von der Decke und richtete sie auf Frau Süritz, die ihren fünfundzwanzigjährigen Sekretärinnenkörper auf dem Bürostuhl langsam von links nach rechts, rechts nach links pendeln ließ.

„Hatten Sie ein Verhältnis mit Ihrem Chef?“ fragte Wickius brutal.

Die Süritzen schaute ihn verständnislos an. „Natürlich! Oder glauben Sie etwa, man beschäftigt MICH zum Briefetippen? Ich habe die Post gebracht. Ihm Kaffee gekocht. Die Besucher empfangen. Und mich in der Mittagspause für fünf Minuten auf seinen Schreibtisch gelegt.“

Oberschillers Unterkiefer klappte auf die Brust. Wickius, der das Leben kannte, blieb unbeeindruckt.

„Und wie war er als Arbeitgeber? Ein angenehmer Chef oder eher...“

Jetzt lachte die Süritzen spitz, verfiel jedoch sogleich wieder in die Neutralität einer schockierten und trauernden Angestellten.

„Angenehm? Nichts weniger! Er verlangte von seinen Mitarbeitern ALLES. Er gönnte Ihnen kein Privatleben! Wer persönliche Dinge, gleich welcher Art, über das Unternehmen stellte, der flog hochkant! Sofort! Ausnahmslos! Sie hatten für die Firma zu leben. Schließlich sind wir in der IT-Branche tätig.“

Sie sprach das Wort in einem merkwürdigen Sprachmix, „Ei-Tee-Brangsche“, und das erinnerte Wickius schmerzlich an das heutige Frühstück, ohne Ei, ohne Tee, dafür mit keifender Hausfrau, die ihn zum Verzehr eines Marmeladenbrotes nötigte, wie sie es nun schon seit 30 Jahren jeden Morgen tat.

Die Süritzen war in Fahrt geraten. „Fragen Sie meinetwegen alle! Wird jeder bestätigen. Oder lügen! Er war – er war –“

Wickius schnitt ihr das Wort ab. „Befinden sich die weiteren Mitglieder der Vorstandsetage im Konferenzraum?“ fragte er Oberschiller. Der brachte den Unterkiefer wieder in seine Gewalt und antwortete: „Denk schon. Ja. Muss wohl so sein. Alle drei. Doch. Glaub ich.“

„Dann wollen wir mal.“ Wickius stand auf, schaute noch einmal auf die Netzstrümpfe und verließ stumm den Raum.

***

Zwei Männer und eine Frau hatten sich im Konferenzraum am großen Eichentisch niedergelassen und blickten dem eintretenden Duo stoisch entgegen. „Kommissar Wickius – mein Kollege Oberschiller. Würden Sie sich bitte selbst vorstellen?“

„Müller-Hamm“ begann ein noch sehr junger Anzugträger, „Assistent der Geschäftsführung. Haben Sie schon eine Spur? Wer tut so etwas? Das ist ja alles so schrecklich, schrecklich!“

„Ziehen Sie hier keine Show ab.“ zischte ihn sein Nebenmann an; bedeutend älter, bedeutend grauer. „Sütterlein heiß ich übrigens. Kaufmännischer Leiter. Und im Gegensatz zu Müller-Hamm nicht scharf auf den Chefposten.“

„Nein,“ zischte Müller-Hamm zurück, „aber ein As in kreativer Buchführung. Na, die Revision findet ja jetzt wohl vorerst NICHT statt! Dieses Unglück ist ein Glück für Sie!“

Bevor sich Sütterlein eine empörte Retourkutsche ausgedacht hatte, schlug die Frau energisch mit der Handfläche auf den Tisch. Eine eigentlich schöne Frau, aber sehr blass und dazu noch ganz in Schwarz. Entweder neue Modefarbe oder Trauer, überlegte Wickius.

„Das ist nur peinlich, was Sie hier abziehen, meine Herren! Der Chef ist tot und sie...“

„Sie heißen?“ fragte der Kommissar dazwischen.

„Antje Krone. Ich bin die PR-Managerin. Entschuldigen Sie bitte. Aber das ist –“

„Schon gut,“ sagte Sütterlein. „Wir verstehen ja, dass dieser zweite schreckliche Todesfall in so kurzer Zeit...“ Er wandte sich erklärend an Wickius. „Der Bruder von Frau Krone ist nämlich vorgestern überraschend gestorben und heute ist die Beerdigung.“

„Ich kann schon für mich selbst reden, Sütterlein!“ fuhr ihn die Krone an. „Sie kriegen das ja eh raus, Herr Kommissar. Mein Bruder ist leider – auf die schiefe Bahn geraten. Er war Mitglied einer Rockerbande und wurde von einer konkurrierenden Gruppe kaltblütig ermordet.“

Wickius nickte. „Ja, ich habe davon gehört. Das war also Ihr Bruder, so, so. Und heute ist die Beerdigung?“

„Heute Mittag“ antwortete Antje Krone.

„Hat jemand von Ihnen ein Alibi für die Tatzeit zwischen halb sechs und sieben Uhr?“

Die drei Angesprochenen schüttelten die Köpfe.

„So direkt nicht, Herr Kommissar“, sagte Müller-Hamm. „Wir haben heute Mittag eine wichtige Konferenz und mussten uns darauf in unseren Büros vorbereiten. Wir sind seit fünf Uhr im Betrieb. Naja, Frau Krone musste sich ja aus naheliegenden Gründen entschuldigen und wäre der Konferenz ferngeblieben...“

Wickius nickte. „Gut. Dann gehen Sie jetzt bitte an Ihre Arbeitsplätze zurück. Wir melden uns dann.“

Die Chefetage stand auf und ging langsam hinaus. Wickius saß sinnierend am Tisch, Oberschiller gespannt neben ihm.

„Wir sollten das Privatleben des Toten fokussieren, Chef.“ schlug der Kriminalassistent vor. „Scheint ja’n ziemlicher Schlawiner gewesen zu sein. Vielleicht wollte er seine Sekretärin abservieren? Vielleicht ist sie schwanger von ihm und hat ihn erpresst? Und was ist mit diesem Sütterlein? Unterschlagung? Oder der junge Pimpf da. Vielleicht ehrgeizig genug, sich den Weg nach ganz oben freizumorden. Und die – “

„Ach, Oberschiller,“ seufzte Wickius und erhob sich. „Der Fall ist doch klar. Lesen Sie eigentlich keine Krimis? So. Und jetzt nehmen wir den Täter ins Kreuzverhör und in zehn Minuten ist der Fall gelöst. Wetten?“

dpr

2. Oktober 2006

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