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Die Woche der Erzähltheorie des Kriminalromans -1-
Seltsam. Irgendwie drängt sich das Thema seit gestern in den Vordergrund. Angefangen hat alles mit meinem vorletzten Lektüredoppel, Jan Seghers' "Partitur des Todes" und Morchai Richlers "Cocksure". Zwei "Krimis" (man beachte die Anführungszeichen), zwei unterschiedliche Arten des Erzählens. Gestern dann berichtete Blogbeobachter →Bernd über "die Bedeutung des Geschichtenerzählens beim Schreiben eines Buches" und heute schließlich macht sich auch →Jan Seghers (Eintrag vom 12.2.08) so seine Gedanken: "Aber verglichen mit den Arbeiten von Dujardin, Joyce, Kafka, Proust, Babel, Beckett und Céline oder gar mit den Arbeiten des literarischen Dadaismus und des nouveau roman, gehören selbst die vermeintlich "modernsten" Kriminalromane zutiefst der Vormoderne an."
Hm. Veranstalten wir also ab heute eine "Woche der Erzähltheorie des Kriminalromans" und beginnen, nach einigen grundsätzlichen Ausführungen, mit dem Besuch einer Lesung, die ich mir in einer Mischung aus spontanem Entschluss und Absicht gestern Abend gegönnt habe. Von wegen "Erzähler im lauschenden Hörerkreis", um den Archetypus des Erzählens gleich zu benennen.
Denn so hat alles angefangen. Ein steinzeitlicher Jäger erzählt seinen Klankollegen am abendlichen Lagerfeuer, wie es ihm tagsüber ergangen ist. Man ist rechtschaffen müde und nicht scharf auf feinsinnige Reflexionen, eine spannende Geschiche möchte man hören, und unser Erzähler spinnt sich eine zusammen, die vielleicht, wie er den Säbelzahntiger mit einem einzigen Steinwurf erlegt hat. Das klassische Szenario eben. Jemand vermengt Alltagsfakten und Fiktion, schafft einen möglichst strahlenden Helden und schickt ihn, mehr oder weniger dramaturgisch präpariert, durch diverse Abenteuer. Erzählen meint hier "eine Geschichte erzählen", nichts sonst; Ereignisse, von einem roten Handlungsfaden zusammengehalten, eine Story mit Anfang und Ende, auch ohne Mühen nacherzählbar.
Der Kriminalroman scheint das ideale Medium zu sein, diese Form des Erzählens zu bewahren, seine Inhalte und Absichten prädestinieren ihn dazu, das Publikum verlangt danach, eine ebenso logische wie abgeschlossene Geschichte zu lesen. Das nennt man "aristotelisch", weil es im weitesten Sinne die Einheit von Zeit, Raum und Handlung – vor allem die letzterer - verlangt und als Zielsetzung die Erregung von Mitleid und das Einsetzen von Läuterung (Katharsis") hat. Alles Forderungen, die anscheinend nur das traditionelle Erzählen als Fortsetzung der Ursituation des "Erzählers im lauschenden Hörerkreis" erfüllt und besonders eben der Kriminalroman, der – naturgemäß? – aristotelisch ist und auf Gedeih und Verderb an diese Vorgaben gebunden, denn, schreibt Seghers: "… würden sie [die Kriminalromane] die Gesetze der aristotelischen Dramaturgie aufgeben, würden sie zugleich ihre eigenen Maßgaben suspendieren und damit sich selbst."
Mit anderen Worten: Ein Kriminalroman, der keine Geschichten mehr erzählt, ist entweder überhaupt keiner mehr oder ein misslungener.
So eindeutig und nachvollziehbar das auch klingt: Man kann es sofort und ohne Mühen aushebeln. Denn schon unser urzeitlicher Erzähler hat ja viel mehr getan, als nur eine Geschichte zu erzählen. Er hat sie inszeniert: durch seine Sprache, seine Stimme, durch das Einbeziehen der Szenerie (Nacht, Lagerfeuer). Und wenn im spannendsten Moment in der Ferne ein wirklicher Säbelzahntiger seine Stimme erhob und das lauschende Publikum zusammenschreckte, gehörte auch das zur Inszenierung, durchbrach die Einheit der Handlung und wirkte, ohne Teil der eigentlichen Geschichte zu sein, unmittelbar auf die Zuhörer. Die, nebenbei, selbst eifrig antiaristotelisch wirkten, denn sie verknüpften Raum, Zeit und Handlung des Erzählten mit ihrem eigenen Raum, ihrer eigenen Zeit, ihrer eigenen Handlung, sie erinnerten sich, wie sie selber einstmals einem Säbelzahntiger gegenüber standen und, statt ihn zu erlegen, lieber Fersengeld gegeben haben usw usf.
Das heißt nun: In dieser reinen Form gibt es das Erzählen als das Erzählen einer GESCHICHTE gar nicht. Und vielleicht bedeutet "modernes Erzählen" mit all seiner Diskontinuität lediglich, dass sich das Schreiben den tatsächlichen Verhältnissen angepasst hat. Hieße aber auch: Die Vorstellung, ein Kriminalroman erzähle eine kontinuierliche, eben aristotelisch inszenierte Geschichte, ist irrig. Was aber erzählt er dann? Der inszenierte Rahmen ist von Bedeutung, das Publikum mit seinen Ansprüchen und Möglichkeiten darf ebenfalls nicht außer acht gelassen werden.
So viel zur Einführung. Ich habe gestern Abend einen Selbstversuch unternommen – nein, ich schrecke vor nichts zurück – und die Lesung einer Kriminalautorin besucht, Erzählerin im lauschenden Hörerkreis eben. Wenn ich es einrichten kann, werde ich heute Mittag darüber berichten.
dpr
12. Februar 2008
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