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Gerard Donovan: Winter in Maine
Das ist ein Roman, wie ihn uns die PR-Abteilung passend zur Jahreszeit empfiehlt. Viel Schnee, viel Kälte, viel Wildnis, viel Einsamkeit – und man selber lesend am warmen Kamin, ein Glas Rotwein in der Hand, während der Hund zu den Füßen – nein, kein Hund. Denn mit dem hört in Gerard Donovans "Winter in Maine" die Gemütlichkeit auf.
Julius Winsome, Anfang 50, lebt einsiedlerisch in einem Holzhaus mitten in den Wäldern Maines. Sein Hund Hobbes ist ihm treuer Gefährte, eine Frau gab es auch einmal, das ist aber schon lange her und konnte nicht gutgehen. Eines Tages wird Hobbes erschossen. Julius nimmt sich die Familienflinte, geht in den Wald und räumt den erstbesten Jäger ab. Er ist nicht das letzte Opfer.
So weit, so einfach. Dass jemand die Ermordung seines Hundes rächt, indem er den Mörder erschießt, mag ja noch angehen im großen, wirren Reich der Psyche. Aber Julius weiß überhaupt nicht, wer seinen Hund erschossen hat. Jeder könnte es gewesen sein, jeder mit einem Gewehr eben. Hier wird es kompliziert.
Denn die Geschichte ist unvollständig. Nicht nur der Hund hat Julius' Einsamkeit erträglich gemacht. Auch die 3282 Bücher, die ihm der Vater hinterlassen hat und die jetzt die Hütte füllen. Schwerpunkt Shakespeare, neue Bücher scheint Julius nie dazugekauft zu haben. Er arbeitet im Sommer als Landschaftsgärtner, winters liest er. Früher hat er jeden Tag ein paar Wörter Shakespeare-Englisch auswendig gelernt, und damit beginnt er jetzt wieder, quasi als Vorbereitung für sein blutiges Handwerk.
Aufreizend undramatisch erzählt Donovan die Geschichte dieses Außenseiters, der Menschen mit der gleichen Selbstverständlichkeit erschießt wie er Holz hackt. Dabei ist es die Geschichte eines Monsters. Aufgewachsen beim Vater (die Mutter starb früh), den der Zweite Weltkrieg ebenso angewidert hatte wie der Erste den Großvater (von dem auch die Familienflinte, ein ehemaliges Scharfschützengewehr, stammt), ist Julius in der Literatur erzogen worden. Doch ach, in was für einer Literatur! Tote Buchstaben sind das, nicht die Werke von Menschen, die über Menschen erzählen. Und so verwundert es kaum, dass Julius, der Bücherwurm, mit Menschen nicht umgehen kann. Zu jedem Toten, den er hinterlässt, bastelt er sich Legenden zusammen. Der könnte es gewesen sein, der seinen Hund erschossen hat – oder der – oder der... egal.
Natürlich ist die Natur grandios, Donovans Sprache eindringlich und bildhaft, Julius ein eigentlich recht sympathischer Mensch, in dem jedoch ein völlig verkorkster, verzogener Charakter sitzt. Genau das macht die Qualität des Buches aus. Wie sich da jemand durch den größten Schatz der Menschheit – ihre Literatur – arbeitet und nicht merkt, wie sie ihn immer weiter von der Menschheit selbst, der Empathie, der Logik entfremdet. So ist "Winter in Maine" ein Buch über falsche Bildung, über verhängnisvolle Werte. Man fühlt sich an Alfred Anderschs "Der Vater eines Mörders" erinnert, in dem der Autor eine Schulstunde bei seinem Griechischlehrer Himmler beschreibt, dem Vater jenes Heinrich, der auch ohne erschossenen Hund zum Massenmörder wurde. „Schützt Humanismus denn vor gar nichts?“ fragt Andersch, und Donovan gibt uns die Antwort: Nein, schützt nicht. Genauso wenig wie Shakespeare. "Ein belesener Mensch mordet nicht!" steht in einer Amazon-"Rezension". Vor so viel Naivität mag man in die Knie gehen.
Das Ende ist so unspektakulär wie beinahe alles in diesem Buch. Und das macht es so grauenvoll wahr. Nicht nur im Winter, wenn es draußen schneit.
dpr
Gerard Donovan: Winter in Maine. Luchterhand 2009 (Julius Winsome, 2006. Deutsch von Thomas Gunkel). 207 Seiten. 17,95 €
20. Dezember 2009
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