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Vargas, Stein, Rezension(2)

engel.jpg

Gestern habt ihr gesehen, wie einer auf eine falsche Fährte gerät. Heute verrät er euch, warum dem so war - und dass so etwas selbst den Besten passieren kann.

Je mehr Buchseiten das Gehirn verarbeitet hat, desto schneller mutiert man zum Pawlow’schen Leser. Bestimmte Reize zeitigen bestimmte Reaktionen, und besonders Konsumenten von Kriminalromanen betreiben in ihrem bewussten und unbewussten Gedächtnis eine aufwendige Lagerhaltung mit hübsch sortierten Ablaufmustern, Dramaturgieschablonen und Handlungsfertigteilen. Noch mehr: Bestimmte Reize steuern nicht nur zielstrebig durch dieses Lager und bedienen sich, nein, sie fördern auch Abwehrhaltungen zu Tage.

Ganz konkret bei „Der vierzehnte Stein“: Der Roman beginnt mit der prototypischen Situation des „einsamen Helden“ und seines kriminalistischen Teams. Da ist, jedenfalls bei mir, das gute alte Schwedenduo (muss ich wirklich die Namen nennen? Nö.) präsent und mit ihm die von dort geläufigen Muster. Teamarbeit; einer, zumeist der Ranghöchste, das Zentrum der Alltagsarbeit, die um ihn herum von mehr oder weniger ausgeprägten Charakteren geleistet wird.

Vargas hingegen führt Adamsberg, ihren Protagonisten, als Supermann ein. Er weiß alles. Er ist charismatisch. Einsamer Wolf, wie gesagt. Und genau dieses Muster weckt bei mir unliebsame Erinnerungen an ähnliche Fälle. Denn meine Erfahrung sagt mir, dass solche Supercops, solche unfehlbaren Typen stets aus einer Notwehrhaltung des Autors, der Autorin entstehen. Man kreiert mit Wörtern einen absolut sensationellen Charakter, den man im weiteren Verlauf der Handlung nicht mehr zu differenzieren braucht und, darin liegt das Eingeständnis schriftstellerischer Schwäche, auch gar nicht weiter differenzieren kann. Er ist eben unfehlbar – als Buchstabenclown, sozusagen, denn zumeist belegt die Handlung diese Unfehlbarkeit keineswegs. Es wird behauptet: basta! Ein ganz schlimmes →Beispiel habe ich vor geraumer Zeit im damals noch webloglosen Hinternet vorgestellt – und Vargas’ Adamsberg schien mir in die gleiche Kerbe zu schlagen, mit der Konsequenz, dass ich die weitere Lektüre mit einem Vorurteil in Angriff nahm – und dieses „in Angriff nehmen“ nehme man bitte wörtlich.

Ein zweites Missverständnis ergab sich aus diesem ersten. Auch es untrennbar verbunden mit dem Pawlow’schen Reflex des Lesers, den bei einem Krimi zuvörderst „die Handlung“ interessiert. Nun, das ist eigentlich nichts Schlimmes, ja, es ist etwas sehr Normales. Der durchschnittliche Krimi ist handlungs- und lösungsorientiert. Davon hängt alles andere ab. Ein Mord ist geschehen. Punkt. Der Kommissar erinnert sich an frühere Morde nach dem gleichen Schema. Punkt. Kein Mensch glaubt ihm. Punkt. Er muss wieder mal solo für Gerechtigkeit sorgen. Punkt. Natürlich gerät er knietief in die Scheiße. Punkt. Aber am Ende frohlockt er doch. Punkt, Punkt, Punkt.

Mein Vorurteil nun hat mich unvorsichtig werden lassen. Ich war der literarische Detektiv, der versucht, einen Fall zu analysieren, kalten Blutes, naturellement, aber mein Blickwinkel (genauer: meine gedankliche Position zu Tat und Täter) ist höchst subjektiv und heikel. Ich fixiere einen Ablauf, der nicht zur Lösung führen kann, aber ich starre wie gebannt auf diesen verflixten Adamsberg und die Story, ohne zu sehen, dass ein ganz anderer Ablauf im Zentrum dieses Romans steht.

Schon allein die Tatsache, dass dem so ist, dass neben diesem herkömmlichen Prozedere des Lesens eines Kriminalromans überhaupt noch ein anderes möglich ist, spricht für den Text. Gute Literatur ist stets polyvalent und polyphon. Zum Glück ist mir das bei Seite 120 (es kann, ehrlich gesagt, auch 140 gewesen sein) wieder eingefallen. Und, noch ehrlicher gesagt, ein Grund war auch, dass ich ja wusste, wie sehr man diesen Roman bisher gelobt hatte! Sollten etwa alle Kollegen (darunter ein paar sehr geschätzte) sich geirrt haben? Oder am Ende ich...

Es war so. Ich hatte mich geirrt. Dieser Roman musste aus einem anderen Blickwinkel gelesen werden, die Rezension aus eben diesem Blickwinkel geschrieben. Und morgen könnt ihr sie endlich lesen.

dpr

7. Juli 2005

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