Watching the detectives Zur Startseite

Zufallsgrafik von R. Wünsch

Blog

News & Texte & Kolumnen

Historischer Kalender

Aktuell 20765Einträge

Galerie

Zeichnungen & Fotos

Archiv

Altlasten aus 15 Jahren


 

Krimilinks

Hier

wtd - die Zeitschrift
Übersichtsseite
Aktuelle Ausgabe:
wtd 4: PDF
wtd 4: DOC.


*******

Rezensionen 2006
Rezensionen 2005
Die lachenden Detektive

*******
DIE GLORREICHEN SIEBEN:
Favoriten 2009

John Harvey: Tiefer Schnitt
Uta-Maria Heim: Wespennest
Christian Pernath: Ein Morgen wie jeder andere
Vamba Sherif: Geheimauftrag in Wologizi
Andrea Maria Schenkel: Bunker
Rex Miller: Im Blutrausch
Monika Geier: Die Herzen aller Mädchen

*******

Krimischaffen
Wir lernen Computer

Dort
Criminalbibliothek
Krimikultur Archiv
Martin Compart
Krimi-Depeschen
Le Véro
Bernd Kochanowski
Europolar
Axel Bussmer
Propellerinsel
Krimiblog
Ingeborg Sperl
Text und Web
Kaliber 38
Krimilady
Frauenkrimis
Krimikiste
Notizen und Texte
Astrid Paprotta
Krimi-Couch
Krimizeit
Krimi.Krimi
Jan Seghers
Georg
Crime Time
Crime Culture
Krimisalon Tübingen
Jürgen Albertsen
Saarkrimi

Hinternet durchsuchen:


Monatsarchive:


Rubriken

Die aktuellsten Kommentare

• Kle: ach. Dann hat ja das Gratisangebot ab morgen auch keinen Sinn mehr, wäre schofelig danach zu fragen, (mehr...)
• Ria: Auch wenn du nächstes Jahr die Krimikritik-Diktatorenschaft nicht an dich reißen kannst, weil da der (mehr...)
• Ria: Klingt wie der Titel eines epischen Dramas: 'Der mit den Eiern tanzt' (mehr...)
• dpr: Liebe LeserInnen, wenn das der letzte Beitrag von wtd ist, den ihr sehen könnt, dann müsst ihr <a hr (mehr...)
• dpr: Kann man machen. Ist aber problematisch, wenn man zuerst die Abbdruckgenehmigung praktisch aufdrängt (mehr...)
• Kle: "Nie hätte ich gedacht, dass sich die Rechte an einem Cover an die Lieferbarkeit eines Titels knüpfe (mehr...)
• Peter J. Kraus: Egal, was Rowohlt mag oder nicht mag: ich erkläre hiermit meine Titelabbildungen zu beliebig verwend (mehr...)
• Ria: Aber die Frage war doch, was musst du tun, um als Krimiautor mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Mag sc (mehr...)
• dpr: Hm, Ria, das ist jetzt aber arg feuilletonistisch... Sollten wir den bösen Bubis nicht Fingerchen ma (mehr...)
• Ria: Wir machen Folgendes: Ein Buch, in dem wir messerscharf nachweisen, dass die Feuilletonisten uns gei (mehr...)


Renate Kampmann: Fremder Schmerz

Nein, der erste Eindruck täuscht. Zwar liegt es nahe, Renate Kampmanns Romane um die Rechtsmedizinerin Leonie Simon ins Segment der Pathologenkrimis abzuschieben, dort aber fänden sie nur bedingt ihren angemessenen Platz. Wohl wird auch bei Kampmann unermüdlich seziert und mit dem entsprechenden Fachchinesisch wahlweise LeserInnen-Bildung respektive –Ermüdung betrieben, doch die Absichten der Autorin sind profan. Ein Bild der deutschen Gegenwart will sie uns vermitteln. Was, wenigstens zum Teil, sogar gelingt.

Dr. Leonie Simon hat Hamburg verlassen und eine Stelle als Rechtsmedizinerin in Berlin angetreten. Auch dort gerät sie natürlich Hals über Kopf in diverse Mordfälle. Die ersten betreffen einen Kollegen samt Frau; beide werden ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Erschütternd für Dr. Simon, war sie doch mit beiden nach dem Tsunami in Thailand, um dort die Opfer zu identifizieren. Gibt es einen Zusammenhang? Korruption, Veruntreuung von Spendengeldern? Während die Heldin noch grübelt, ereignen sich weitere Morde, Morde der besonderen Art. Irgend jemand foltert Menschen und bringt sie dann um. Nein, „foltern“ ist das falsche Wort. Er scheint Schmerzstudien anzustellen, die Gefangenen sind Versuchskaninchen.

Der Leser wird über die Person dieses „Sadisten“ nicht im Unklaren gelassen. Eine gute Entscheidung, denn jetzt entwickelt Renate Kampmann einen wirklich interessanten Plot, der – verkürzt ausgedrückt – die Sadisten der Nazizeit von unserem Schmerzforscher abgrenzt, und vielleicht doch nicht abgrenzt. Verblüffend und anregend ist dieser Strang der Geschichte allemal.

Selbstverständlich gibt es noch mehr Stränge. Einige dümpeln, wie kaum anders zu erwarten, eher im Privaten, andere greifen auf frühere Abenteuer der Frau Dr. Simon zurück. Die fast 500 Seiten des Buches müssen sich ja aus diversen Quellen speisen. Nicht dass so etwas per se falsch oder für die Dramaturgie des Buches schädlich wäre. Aber einiges ist dann doch zu viel und zeigt deutlich die Schwächen sogenannter „Reihen“ auf. Dazu gehören die Lebensläufe der agierenden Personen. In fast allen gibt es Mordfälle – die Frau, der Bruder, Kinder -, die sich wie die beliebten „Dämonen“ nicht verdrängen lassen. Das ist ein bisschen arg übertrieben, aber eben in einer „Reihe“ kaum zu vermeiden. Auch der Bruder Leonies, den wir im Vorgängerwerk kennenlernten und eigentlich unter den Toten wähnten, hat noch einmal seinen Auftritt. Der Mann übt den krisensicheren Job des „Profikillers“ aus und wird, das ahnt man sofort, zum deus ex machina, als es endlich zum Showdown kommt.

Fast 500 Seiten. Verantwortlich für dieses Volumen ist auch Kampmanns Bestreben, möglichst alle relevanten Themen der bundesdeutschen Gegenwart wenigstens erwähnt zu haben. Neben der bereits angedeuteten Korruptionsgeschichte geht es u.a. um den Skandal innerhalb der sächsischen Justiz und Politik, um Rechtsradikalismus, Vergangenheitsbewältigung, das Rechtssystem und seinen Umgang mit Strafgefangenen... Das ist eine Menge und Renate Kampmann hat durchaus ein Händchen dafür, diese Themen in ihren Krimiplot zu integrieren. Allerdings manchmal auf Kosten ihrer Erzählsprache, die bei dieser Gelegenheit zur Infosprache wird.

Dennoch: Vor allem die Hauptgeschichte ist interessant und auch souverän entwickelt. Bleiben die Altlasten, dieser durchgehende Bezug zu den Vorwerken, und die gewiss gute Absicht, ein möglichst umfassendes Bild unserer Republik abzuliefern. Da hätte man sich ein wenig kritische Auswahl durchaus gewünscht.

Bleibt am Ende die Hoffnung, dass Renate Kampmann das Projekt Leonie Simon für ihr nächstes Buch ruhen lässt. Die Hoffnung ist, nachdem man den Schluss gelesen hat, durchaus begründet. Ein neues, entschlacktes Konzept, meinetwegen ein 300-Seiter, das wäre ein idealer Neuanfang für eine alles in allem talentierte Autorin.

dpr

Renate Kampmann: Fremder Schmerz. List 2008. 494 Seiten. 19,90 €

20. März 2008

* * *

Weblog-Index
← Watching the detectives: Volksbloggen -22-
→ Watching the detectives: Ostergruß