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Augen auf!

Dass wer eine Bude auf dem Markt hat, kräftig schreien, trompeten und krakeelen muss, wusste man schon immer. Verkauf ist alles, und auch auf dem Krimimarkt stehen die Büdchen nun einmal dicht an dicht. Noch niemals ist ein schlechter, ja, nur durchschnittlicher Kriminalroman in Deutschland veröffentlicht worden – behaupten die Verlage. Also wird gelobhudelt, bis sich der kaltblütigste Klappentexter morgens nicht mehr im Spiegel betrachten kann, hübsche Flashfilmchen werden als "Trailer" produziert und geistige Dünnpfifferei erreicht dank Beimischung starken Vokabulars die solide Konsistenz unverzichtbaren Schrifttums.

Das alles ist nicht schlimm. Man kennt es, man weiß, warum es geschieht – "Markt" eben -, man weiß vor allem, WER es inszeniert. Doch das hat sich geändert und wird sich in Zukunft zu einem ernsthaften Problem ausweiten. Das Internet – theoretisch ein Segen, praktisch jedoch immer mehr ein Manipulations- und Verdummungsmedium – verwischt auf gut basisdemokratische Art jegliche Spuren. Anything goes – und jeder darf mitmachen. Klarnamen braucht es nicht mehr, man loggt sich ein und gibt seinen Senf zu allem und jedem, die Anonymität schützt und öffnet auch den Produzenten von Kriminalliteratur neue, ungeahnt wirkungsvolle Spielräume, die Objekte ihres Tuns effektiv zu plazieren. Ein allgemeines Phänomen: Die Betreiber von Wikipedia dürften inzwischen den Hauptteil ihrer Zeit darauf verwenden, die Manipulationsversuche zu eliminieren, die aus naheliegenden Absichten am Textkorpus des Online-Lexikons verübt werden.

Anfangs war es ja nur lächerlich durchsichtig, wenn ein hoffnungsvoller Autor seine sämtliche Verwandt- und Bekanntschaft zu Lobpreisungen bei Amazon und anderen Online-Händlern animierte. Und wenn ebendort in den seit einiger Zeit eingerichteten Foren immer wieder auf Herta Kasunke-Schmalinskis "neuesten Thriller", im Selbst- oder Bezahlverlag oder bei BOD erschienen, verwiesen wird, ist es das auch immer noch: rührend hilflose Versuche, die eigene Ohnmacht beim Vermarkten zu überwinden.

Doch man täusche sich nicht. Die Manipulationsszene professionalisiert sich. Dem zugrunde liegt die wenig überraschende Erkenntnis, dass LeserInnen (die auch immer Käufer sind) dem Urteil von ihresgleichen oft mehr vertrauen als denen der professionellen Gilde der KritikerInnen. Man hat eben "seinen Geschmack", und das Internet ist groß genug, Leute zu orten, deren Geschmack der eigene ist. Was sie gut finden, muss also gut sein. Darin steckt ungeahntes Reklamepotential, dessen unübertroffene Stärke es ist, dass man ihm nicht anmerkt, Reklame zu sein.

Man kann ernsthaft nicht mehr daran zweifeln, dass ein erklecklicher Teil der sogenannten "Kundenrezensionen" inzwischen von langer Hand inszeniert werden, keine Privatattacke von AutorInnen mehr sind, sondern Teil von billigen und wirkungsvollen PR-Kampagnen. Ihr Ziel sind alle Orte, an denen sich LeserInnen austauschen, auch und besonders Krimiforen. Die Zahl der "Rezensionen" zu Werken, die noch gar nicht erschienen sind, nimmt zu. Schreiben hier wirklich die stolzen Besitzer von Vorab- und Leseexemplaren – also in der Regel Kritiker und Buchhändler – ihre Meinung? Daran glaubt kein Mensch mehr. Besonders ärgerlich ist so etwas aber gerade für diejenigen Kritiker, die "Sperrfristen" akzeptieren und nun erleben müssen, wie diese unterlaufen werden. Und zwar durchaus clever. Es sind zwar zumeist die bekannten Lobhudeleien, die schockweise ins Netz gestellt werden, manchmal jedoch mit geschickten Abstufungen, sogar negativem Touch. Liest man genauer, erweist sich dieses Negative aber gerade als Kaufanreiz für die "Zielgruppe". – Ich nenne bewusst keine konkreten Beispiele, denn "beweisen" lässt sich das alles ja nicht. Man muss allerdings schon ziemlich naiv sein, diese Entwicklung für eine Ansammlung von Zufälligkeiten zu halten.

Wahrscheinlich werden wir in ein, zwei Jahren über solche Manipulationsakte nur noch müde lächeln. Dann nämlich, wenn die arglistige Täuschung perfektioniert worden ist. Etwa in Blogs. Noch kann man mit Fug und Recht behaupten, dass dort tatsächlich Liebhaber des Genres ihre Gedanken und Wertungen ausbreiten. Nur: Wie lange noch? Wann werden die ersten Werbeblogs auftauchen, denen man genau das nicht mehr ansieht? In denen bewusst Titel und Autoren lanciert, andere hingegen ebenso kalkuliert abgewatscht werden? Alles zum Besten des Profits, mit unbewaffnetem Auge nicht zu erkennen, dem großen Gleich- und Möglichmacher Internet sei Dank.

Hier liegt die Gefahr. In der Anonymität. Wo ein Kritiker mit offenem Visier arbeitet, sind Manipulationen gewiss nicht ausgeschlossen. Ein, zwei unverständliche "Fehlurteile" wird jeder Leser "seinem" Kritiker, seiner Kritikerin auch zugestehen. Sobald die Methode dahinter aber offenbar wird, hat der kritische Geist seinen Ruf verspielt und kann einpacken. Wer sich darauf einlässt, muss schon arg dumm sein.

Deshalb: Halten wir die Augen offen. Manipulieren und verdummen will man uns jederzeit, das ist ein ehernes Marktgesetz. Dass wir es nicht merken dürfen, die erste, die wichtigste Regel. Dagegen hilft nur kritisches Wachsein.

dpr

29. Januar 2009

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